Erstellt am: 21.03.2022 17:12
Von: Jacob Wahl, Vikar in Fornsbach und Kirchenkirnberg


Was bringt beten?

Der Krieg in der Ukraine geht uns allen nahe,


Für diejenigen, die wie ich um die Jahrtausendwende herum geboren sind, ist es das erste Mal, dass ein Krieg so wenige Flugstunden von zuhause entfernt stattfindet. Bei Älteren weckt er Erinnerungen an die Schrecken des Zweiten Weltkrieges oder an die Bedrohungskulissen des Ost-West-Konflikts. Was löst das in uns aus? Bei mir sind es Trauer, natürlich, aber auch Ohnmacht und Angst vor dem, was da noch kommen könnte. Viele Kirchengemeinden laden angesichts der schrecklichen Ereignisse zu Friedensgebeten ein. Was mag das schon bringen, mag sich der eine oder die andere fragen. Als ob es etwas an den Weltgeschehnissen ändert, wenn ein Pfarrer oder eine Pfarrerin in einem Dorf mitten im Schwäbischen Wald die Glocken zum Friedensgebet läutet! Aber vielleicht geht es auch gar nicht darum. Viel wichtiger ist, dass unsere Emotionen – Trauer, Ohnmacht, Angst – einen Raum bekommen. Und dass wir ihnen etwas entgegenstellen, nämlich die Hoffnung auf den Frieden, den die Bibel verheißt: Eines Tages „wird es kein einziges Volk mehr geben, das sein Schwert gegen ein anderes richtet. Niemand wir mehr für den Krieg ausgebildet“ (Micha 4,3). In Zeiten wie diesen kann es gar nicht genug von solchen Worten der Friedenshoffnung geben. Im Garten Gethsemane schärft Jesus seinen Jüngern ein: „Wachet und betet!“ Das ist kurz bevor das Todesurteil über ihn gesprochen wird. Jesus ahnt: Dass er sterben muss, ist unausweichlich. Trotzdem vertraut er der Macht des Gebetes. Wer betet, weiß von einer anderen Möglichkeit, von einer Macht der Liebe. Einer Macht, die ins Handeln führt, die Menschen Kisten mit Kleidung, Hygieneprodukten und Lebensmitteln packen und sie an die polnisch-ukrainische Grenze fahren lässt, die sie bereit macht, Menschen auf der Flucht bei sich zuhause aufzunehmen. Ein Gebet bewirkt konkret scheinbar zunächst nichts. Paradoxerweise lebt es aus der Hoffnung, dass es genau das doch tut. Was, wenn Gottes Macht doch stark genug ist, Hass und Gewalt in Liebe zu verwandeln? Ein Gebet hat zumindest noch niemandem geschadet. Und: Zum Beten braucht man nicht in die Kirche zu gehen. Man kann es auch ganz bequem von zuhause tun. Also: Beten Sie mit!

Jacob Wahl, Vikar in Fornsbach und Kirchenkirnberg


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