Erstellt am: 12.02.2012 14:10
Von: Viktor Petkau, Pastor der Evangelisch-Freikirchlichen Gemeinde Backnang


Keine Zeit?

Wenn wir es allen recht machen wollen, haben wir oft keine Zeit mehr für das Wesentliche...


Vor einigen Tagen rief mich ein Freund an. Die Art, wie er am Telefon herumdruckste, machte mir klar, dass er ein Problem hatte. Ein Zeitproblem. „Ja, ich weiß, dass wir diesen Termin vor vier Wochen festgemacht haben. Aber ich schaffe es einfach nicht. Mir ist wieder etwas Wichtiges reingelaufen. Können wir unseren Termin verschieben?“ Klar, kein Problem. Wir haben einen neuen Termin vereinbart. In vier Wochen. Ich bin gespannt, ob es klappen wird. Es würde mich nicht wundern, wenn wie-der was Wichtiges reinläuft. Der Rest des Gespräches mit ihm – immerhin hatte er noch fünf Minuten – bestand daraus, dass er mir mit gehetztem Ton sagte, was er heute alles noch machen musste: „Alle wollen was von mir und ich weiß gar nicht mehr, was ich zuerst machen soll!“ Wenn ich länger über diesen Satz nachdenke, merke ich plötzlich, dass das eigentliche Problem meines Freundes gar nicht in erster Linie mit Zeit zu tun hat. Sondern damit, dass er es allen recht machen will. Haben Sie dieses Problem auch immer wieder? Alle wollen was von Ihnen. Der Arbeitgeber und die Kunden. Die Kollegen. Der Ehepartner und die Kinder. Alle wollen was von uns. Leistung nämlich. Darum dreht sich in unser Gesellschaft alles. Darüber definieren wir uns sogar: Du bist, was du tust. Tust du das Richtige, mögen dich die Leute. Das fühlt sich gut an. Und weil du dieses Gefühl möglichst oft haben willst, erledigst du deine Aufgaben möglichst gut und sagst möglichst wenig „Nein“, wenn du um etwas Zusätzliches angefragt wirst. Kommt Ihnen das bekannt vor? Das eigentliche Problem ist also ein Identitätsproblem. Wenn nicht geklärt ist, wer ich bin, woher ich komme und wozu ich lebe, dann gibt es keine Grenzen. Ich bin dann in einem Raum, in dem die Schwerkraft aufgehoben ist. Es gibt keinen Halt. Ich schwebe im Raum, werde von einem Körper angestoßen und treibe in eine unbestimmte Richtung, bis ich gegen einen anderen Körper pralle, der mich von der vorherigen Richtung abbringt usw. Ein Urlaub hilft da oft auch nicht wirklich. Gleich nach dem ersten Arbeitstag ist wieder alles beim Alten. Alle wollen was von mir und ich weiß nicht, was ich zuerst machen soll. Jesus sagt: „Wenn ihr für Gott lebt und das Reich Gottes zu eurem wichtigsten Anliegen macht, wird er euch jeden Tag geben, was ihr braucht“ (Matthäus 6:33). Das will eine Hilfe und Entlastung für uns sein. Gott über allem und in allem, egal um welchen Lebensbereich es geht. Was kommt danach? Wenn ich die Bibel richtig verstehe, geht es um Beziehungen. Beziehungen sind grundsätzlich wichtiger als beruflicher Erfolg. Nicht umsonst heißt das höchste Gebot: „Liebe Gott mit aller Kraft und deinen Nächsten wie dich selbst!“ (Markus 12:30-31). Klingt einfach? Ist es aber nicht. Es bedeutet Kampf in einer Gesellschaft, die von uns verlangt, es allen recht zu machen. Die uns glauben machen will, dass wir sind, was wir tun. Doch bei diesem Kampf will Jesus uns helfen. Von diesem Irrglauben will er uns befreien.

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