Erstellt am: 27.01.2024 09:03
Von: Klaus Herberts, Kath. Kirche Backnang und Vorsitzender der ACK


Skat mit Schachregeln

Gedanken zum Ökumenischen Bibelsonntag


Am Sonntag wird der ökumenische Bibelsonntag begangen. In diesem Jahr geht es (wie bei den Backnanger Bibel-Brücken im Februar/März) um das Buch Genesis: „Gottes Schöpfung – Geschenk und Verantwortung“. Genesis (Gen) ist die ökumenische Bezeichnung für das erste Buch der Bibel.

Sie beginnt mit zwei Schöpfungs­erzählungen. Beide widersprechen sich – zumindest oberflächlich betrachtet. Wann wurden die Menschen erschaffen? Und wie? Somit erhebt die Bibel offenbar nicht den Anspruch, dass jeder Satz – oberflächlich und für sich alleine isoliert betrachtet – als historisches und naturwissen­schaftliches, wortwörtliches Protokoll zu verstehen ist. Sie schätzt die Vielfalt. Ist das dann „Fantasy“?

Oder müssen wir von der Oberfläche in die Tiefe tauchen, um die Bedeutung zu verstehen? Uns eine andere / „Taucher“-Brille aufsetzen?

Skat mit Schach-Regeln zu spielen, kann nicht gut gehen. Skat sollte man mit Skatregeln spielen. Und die Bibel sollte man nicht leichtfertig naturwissenschaftlich erklären.

Nach meinem Verständnis will die Bibel nicht Einmaliges protokollieren, das schon lange vorbei ist. Vielmehr will sie mit Tiefenstrukturen (auch ein Eisberg ist ja bekanntlich viel größer als der offensichtliche Teil über der Wasseroberfläche) „Allmaliges“, immer wieder Aktuelles erzählen.

In der ersten Schöpfungserzählung (Gen 1) werden die Menschen zum Schluss erschaffen – als Krone der Schöpfung. (In Genesis 2 hingegen hat der Mensch „Priorität“, wird zu Beginn erschaffen.) Frau und Mann werden beide gleichzeitig und beide als Gottes Ebenbild erschaffen. Bundespräsident, Bischöfin, Obdachlose, Menschen mit Behinderung: alle besitzen sie als Gottes Abbild die gleiche Würde.

Noch ist alles (sehr) gut. Der Anfang ist ermutigend. Im weiteren Verlauf der Genesis geht manches schief. Heute ebenfalls. Da könnte ein Blick zurück hilfreich sein. Jesus verstand herrschen als dienen. „Gottes Schöpfung – Geschenk und Verantwortung“: Die Bibel erzählt von der Spannung zwischen herrschen und dienen; einst wie heute. Immer aktuell.

 

 

Klaus Herberts, Physiker und Theologe, ist Vorsitzender und Mitbegründer der Arbeitsgemeinschaft christlicher Kirchen in Backnang sowie Abgeordneter für das katholische Dekanat Rems-Murr im Diözesanrat.

 


Weitere Wortbeiträge finden Sie hier...