Erstellt am: 06.01.2024 12:18
Von: Pfarrer Dr. Hans Joachim Stein, Murrhardt


Gottes Ja zu seinem Volk

Gedanken über das Fest der Beschneidung Jesu


Was haben Sie am 1. Januar gefeiert? Wahrscheinlich Neujahr. Sie hätten aber auch das „Fest der Beschneidung des Herrn“ feiern können. Die Beschneidung männlicher Säuglinge am achten Tag nach ihrer Geburt ist ein alter jüdischer Brauch, der auch bei Jesus praktiziert wurde: „Und als acht Tage um waren und er beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus“ (Lukas 2,21). Der achte Tag, das ist von der Heiligen Nacht aus gerechnet der 1. Januar.

Das „Fest der Beschneidung des Herrn“ hat eine lange kirchliche Tradition, ist aber in Vergessenheit geraten. Das ist schade. Denn es erinnert uns daran, dass Jesus Jude war: Er wurde von einer jüdischen Mutter geboren und am achten Tag nach jüdischem Ritus beschnitten, er studierte die jüdische Bibel und diskutierte darüber mit den Gelehrten. Am Kreuz starb er mit einem Gebet aus dem jüdischen Psalter.

Das Jüdischsein Jesu ist nicht nur eine historische Tatsache, es hat auch theologische Bedeutung: Der Jude Jesus nimmt uns als Christen in das große Ja hinein, das Gott erstmals dem Volk Israel gesagt hat und das nun aller Welt gilt. Wenn wir uns vom Judentum lossagen, sagen wir uns auch von diesem Ja Gottes los und kappen die Wurzel, aus der wir leben.

Darum ist es so wichtig, dass wir heute kompromisslos für jüdisches Leben in Israel und bei uns im Lande eintreten. Wo die Massaker des 7. Oktober ohne Gefühlsregung hingenommen werden, wo man die Opfer kurzerhand zu Tätern macht, wo jüdische Menschen auch in unserem Land Angst um ihre Sicherheit haben müssen – da ist unser Einspruch gefragt. Die Absage an jede Form von Antisemitismus ist nicht nur deutsche Staatsräson, sie ist auch Christenpflicht. Das heißt nicht, dass man die Politik Israels nicht kritisieren darf. Darf man, solange die Kritik nicht Vorwand ist für Hass und Hetze. Die Kritiker mögen ihre Motivation ehrlich prüfen.

Ich glaube nicht, dass es dem „Fest der Beschneidung des Herrn“ gelingen wird, den Neujahrstag zurückzuerobern. Aber wenn wir uns am Anfang eines neuen Jahres wenigstens kurz daran erinnern, dass Jesus Jude ist und uns bleibend mit seinen jüdischen Geschwistern verbindet, ist schon viel gewonnen.


 

Pfarrer Dr. Hans Joachim Stein, Murrhardt

Was haben Sie am 1. Januar gefeiert? Wahrscheinlich Neujahr. Sie hätten aber auch das „Fest der Beschneidung des Herrn“ feiern können. Die Beschneidung männlicher Säuglinge am achten Tag nach ihrer Geburt ist ein alter jüdischer Brauch, der auch bei Jesus praktiziert wurde: „Und als acht Tage um waren und er beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus“ (Lukas 2,21). Der achte Tag, das ist von der Heiligen Nacht aus gerechnet der 1. Januar.

Das „Fest der Beschneidung des Herrn“ hat eine lange kirchliche Tradition, ist aber in Vergessenheit geraten. Das ist schade. Denn es erinnert uns daran, dass Jesus Jude war: Er wurde von einer jüdischen Mutter geboren und am achten Tag nach jüdischem Ritus beschnitten, er studierte die jüdische Bibel und diskutierte darüber mit den Gelehrten. Am Kreuz starb er mit einem Gebet aus dem jüdischen Psalter.

Das Jüdischsein Jesu ist nicht nur eine historische Tatsache, es hat auch theologische Bedeutung: Der Jude Jesus nimmt uns als Christen in das große Ja hinein, das Gott erstmals dem Volk Israel gesagt hat und das nun aller Welt gilt. Wenn wir uns vom Judentum lossagen, sagen wir uns auch von diesem Ja Gottes los und kappen die Wurzel, aus der wir leben.

Darum ist es so wichtig, dass wir heute kompromisslos für jüdisches Leben in Israel und bei uns im Lande eintreten. Wo die Massaker des 7. Oktober ohne Gefühlsregung hingenommen werden, wo man die Opfer kurzerhand zu Tätern macht, wo jüdische Menschen auch in unserem Land Angst um ihre Sicherheit haben müssen – da ist unser Einspruch gefragt. Die Absage an jede Form von Antisemitismus ist nicht nur deutsche Staatsräson, sie ist auch Christenpflicht. Das heißt nicht, dass man die Politik Israels nicht kritisieren darf. Darf man, solange die Kritik nicht Vorwand ist für Hass und Hetze. Die Kritiker mögen ihre Motivation ehrlich prüfen.

Ich glaube nicht, dass es dem „Fest der Beschneidung des Herrn“ gelingen wird, den Neujahrstag zurückzuerobern. Aber wenn wir uns am Anfang eines neuen Jahres wenigstens kurz daran erinnern, dass Jesus Jude ist und uns bleibend mit seinen jüdischen Geschwistern verbindet, ist schon viel gewonnen.


 

Pfarrer Dr. Hans Joachim Stein, Murrhardt


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