Erstellt am: 06.05.2010 22:15
Von: Pfr. Achim Fürniss, Backnang


Brief an meine Mutter

...warum es so schwer ist, Müttern zu danken.


Am Sonntag ist Muttertag. Grund genug, meiner Mutter einen Brief zu schreiben, den ich hier veröffentliche: Liebe Mutter, ich wünsche dir alles Gute zum Muttertag und dass du gesund und munter bleibst in deinem hohen Alter. Habe ich dir eigentlich schon einmal gesagt, wie dankbar ich dir bin für alles, was du für mich getan hast? Nein! Es fällt uns Kindern nicht leicht, euch Müttern zu danken für all das, was wir so selbstverständlich entgegen genommen nahmen. Ich meine nicht nur das Essen und die Backbleche voll mit Pizza, die du für mich und meine Freunde gebacken hast. Ich denke auch nicht unbedingt an die Säcke voller Wäsche, die ich am Wochenende mit nach Hause brachte oder den Krach, den du mit meiner Band im Keller erdulden musstest... Ich denke eher daran, wie selbstverständlich du mir zugehört hast oder mit welcher Geduld du mich meine Wege ziehen ließt. Heute weiß ich, wie wichtig das alles für mich gewesen ist und wie anstrengend es sein kann, selbst Eltern zu sein. In Gesprächen mit anderen Menschen fällt mir auf, wie schwierig das Verhältnis zu den eigenen Eltern manchmal ist - und im besonderen zu Euch Müttern. Neben der Dankbarkeit gibt es viel Schwieriges, Unverarbeitetes, Nachgetragenes, das oft unausgesprochen bleibt. Mütter sind es, die uns auf den Weg weisen; Mütter sind es, die ihren Kindern immer wieder das Gleiche sagen müssen; Mütter sind es, mit denen wir uns täglich auseinandersetzen – mehr als mit unseren Vätern, bis wir unser Elternhaus verlassen und auch noch danach. In der Bibel lesen wir, dass selbst Jesus sich mit seiner Mutter schwer tat: „Wer ist meine Mutter? Wer sind meine Geschwister?“ sagt er in Anspielung auf die neue Gemeinschaft, die er im Kreise seiner Freunde und Jünger fand. Für Jesus ist es wichtiger, für die Sache des Reiches Gottes alles hinter sich zu lassen (Matth. 12,48). Mich beeindruckt dagegen, mit welcher Geduld ihn seine Mutter seinen schweren Weg ziehen ließ. Sie muss schon sehr früh verstanden haben, dass das Besondere im Leben ihres Sohnes ihr großes Leid verursachen würde. Und dennoch stellt sie sich ihm nicht in den Weg und steht zu ihm auch über sein Ende hinaus. Ich weiß, dass der Muttertag eine recht junge Erfindung ist, die aus Amerika stammt, wie so vieles andere auch, was wir konsumieren. Viele Leute mögen ihn nicht und halten ihn für einen kommerziellen Trick, Blumen zu verkaufen oder ein Essen anzupreisen. Und dennoch wird mir an diesem Tag bewusst, dass es Dinge in unserem Leben gibt, die nicht selbstverständlich sind, Dinge, die uns geprägt und oft unbemerkt mit auf den Weg gegeben worden sind. Und dafür danke ich dir. Dein Sohn. Pfarrer Achim Fürniss Pfarrer für Religionsunterricht am Berufschulzentrum in Backnang.

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