Erstellt am: 03.04.2021 21:13
Von: Dekan Wilfired Braun, Backnang


Der Stein ist weg

Der Weg vom Tod zum Leben ist frei.


Liebe Leserin, lieber Leser,

Ostern als höchstes Fest der Christenheit versteht sich heutzutage nicht mehr von selbst. Im Gefühl der Allgemeinheit, was den Wert der Geschenke und die feierliche Stimmung angeht, ist es längst von Weihnachten überholt worden. Die Kerzen im Dunkel, die Wärme in der Kälte und der glänzende Tannenbaum in der Stube tun das Ihre dazu.

Das erinnert mich an eine zur Anekdote gewordene Schülerantwort aus dem Naturkundeunterricht früherer Zeiten. Lehrer: Was ist wichtiger: Die Sonne oder der Mond? Schüler: Natürlich der Mond! Der leuchtet bei Nacht, wenn es dunkel ist. Die Sonne aber scheint am Tag, wo es sowieso hell ist. – Weihnachten ist – geschichtlich und inhaltlich gesehen - ein Fest, das erst von Ostern her seinen Glanz erhält. Was aber macht diesen Glanz aus?

Die Evangelien der Bibel erzählen, dass Jesus nach seinem Tod am Kreuz in ein in Fels gehauenes Grab gelegt und ein großer Stein davor gewälzt wurde. Als drei Frauen sich früh am Ostermorgen aufmachten um den Leichnam, wie es Brauch war, einzubalsamieren, trugen sie zwei Sorgen mit sich herum: Die Frage, wer ihnen den Stein wegwälzen könnte war die eine. Die viel größere aber war der Stein auf ihren Herzen. Dieser Jesus hatte ihnen Gott nahegebracht. Mit seinem Tod aber wurde ihr Gottvertrauen aufs Tiefste erschüttert.

Das Markusevangelium erzählt: Als die Frauen ans Grab kamen, fanden sie den Stein weggewälzt. Das wurde für sie und alle, denen sie davon erzählten, zum Zeichen: Der Weg vom Tod zum Leben ist frei. Durch diese Nachricht erinnerten sich viele, die mit Jesus vorher unterwegs gewesen waren: Das hat auch sonst sein Reden und Handeln ausgemacht: Er hat den Weg vom Tod zum Leben frei gemacht. Für die Kranken, von denen die meisten meinten, sie seien durch ihre Krankheit sichtbar von Gott verstoßen, für die Ausgestoßenen, von denen viele sagten, sie seien selbst schuld und hätten sich ins Abseits manövriert. Jesus hat nichts darauf gegeben, was die anderen sagten. Er hat einfach geholfen, Kranke geheilt und sich mit Gemiedenen zusammengesetzt. So hat er neues Leben möglich gemacht.

Ziemlich genau ein Jahr ist vergangen, seit die Pandemie unseren Alltag verändert hat, wie wir uns das davor nie hätten vorstellen können. Und nicht wenigen unter uns haben sich Sorgensteine schwer aufs Herz gelegt: um die Gesundheit, um das wirtschaftliche Durchkommen, um Lebensmut, um liebe Menschen. Da sind es nicht nur ein paar freie Tage, die wir nötig haben, sondern dass immer wieder jemand dafür sorgt, dass uns ein Stein vom Herzen fällt.

Ostern heißt: Der Stein ist weg. Ich wünsche Ihnen, dass Sie das in den nächsten Tagen erleben und aufatmen und vielleicht nicht nur beiläufig sagen können: Gott sei Dank!


Dekan Wilfired Braun, Backnang


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